85 ist er mittlerweile, monatelang hatte man nichts mehr von ihm gehört. Er kuriere eine Corona-Infektion in der Villa seiner Tochter in Südfrankreich aus, hieß es. Doch plötzlich war Silvio Berlusconi zurück, geliftet und geschminkt wie gehabt, und beherrschte wie früher die Medien in Italien und auf der ganzen Welt.

Er wolle Staatspräsident werden, so seine Botschaft – obwohl er vorbestraft ist wegen Steuerbetrugs und obwohl bis heute mehrere Prozesse gegen ihn laufen wegen Amtsmissbrauchs, Korruption und Bilanzfälschung. Andere sind verjährt. Unvergessen die Bunga-Bunga-Partys in seiner Villa mit Minderjährigen, über die bis heute vor Gericht verhandelt wird.

Und so jemand will das höchste Amt in Italien? Berlusconi hat sich selbst als Kandidat aufgestellt, um seine politische Laufbahn zu krönen. Die war außerordentlich: 1984 ging der Medienunternehmer, einer der reichsten Italiener, in die Politik, gründete die Partei Forza Italia mit Marketingmethoden und gewann die Wahlen. Viermal war er Premier, nutzte das Amt, um Gesetze zu seinem Vorteil zu erlassen und verprellte mit Grimassen die internationalen Gesprächspartner. Bis er im November 2011 zurücktreten musste, als Italien am Rand des Staatsbankrotts stand.

Seine Methoden hat er nicht verändert. Ausführlich wurde berichtet, wie er auf Stimmenfang ging – mit Geld und Überzeugungsversuchen. So gab es Geschenke für Wahlmänner und Frauen, in ganzseitigen Anzeigen loben Forza-Italia-Parteigänger ihren Chef und er rief persönlich Unentschlossene an, um für sich zu werben.

Die Empörung schien außerhalb Italiens größer zu sein als in Rom oder Mailand. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Einer ist das kurze Gedächtnis und das steigende Desinteresse an Politik. Ein anderer ist der Effekt von 20 Jahren „Berlusconismus“ auf die Gesellschaft. Warum dem Staat so viel Steuern zahlen? Dann lieber tricksen. Diese Haltung hat er immer auch den Italienern vermittelt.

Ganz kurz vor der Wahl kam dann doch der Rückzug von der Kandidatur. Er werde seinem Land auf andere Weise dienen, diese Botschaft ließ Berlusconi von Parteifreunden im Zoom-Call verlesen. Er selbst trat nicht auf.  Das Staunen über das Phänomen Berlusconi bleibt.