Acht Wahlgänge waren nötig, eine Woche lang gab es in Rom täglich Melodrama und eine Handvoll Kandidaten, deren Halbwertzeit ein paar Stunden nicht überdauerte. Und das, damit am Ende alles so bleibt wie es war? Eine Sternstunde des Parlaments in Rom war diese Wahl des neuen-alten Staatspräsidenten Sergio Mattarella nicht. Doch am Ende zählt, dass Italien berechenbar und politisch stabil bleibt – Europa atmet auf.
Jetzt geht das Duo Draghi – Mattarella also in die Verlängerung. Der eine bleibt Premier, der andere, der nicht mehr antreten wollte, zeigte wie stets staatsmännische Verantwortung. Das Aufatmen ist groß, denn nun kann Italien den erfolgreichen Kurs des letzten Jahres fortsetzen. Zur Bekämpfung der Pandemie kommt die Wirtschaft. Allein der unparteiliche Draghi kann garantieren, dass die Milliardenzahlungen aus dem Brüsseler Hilfsprogramm „NextGenerationEU“ wie zugesagt für Reformen ausgegeben werden und nicht in den Taschen der Provinzpolitiker verschwinden. Italien bekommt am meisten von allem EU-Ländern aus dem Topf, aber das Geld ist zweckgebunden.
Verlierer des Wahlspektakels sind die Politiker und Parteien. Allen voran Lega-Chef Matteo Salvini, der sich mit seinem aggressiven Taktieren und der Verweigerung von parteiübergreifendem Dialog wieder einmal als der Populist herausgestellt hat, der er ist. Wie gut, dass seine Regierungszeit endgültig vorbei ist. Als Parteivorsitzender ist er jetzt angezählt, denn Mehrheiten bringt er nicht mehr zustande. Der zweite große Verlierer ist Silvio Berlusconi, der tatsächlich geglaubt hatte, eine Chance auf das höchste Amt im Staat zu haben, trotz einer Vorstrafe und seiner noch andauernden Probleme mit der Justiz. Seine Karriere und seine Partei Forza Italia sind nun im Sinkflug.
Von den anderen Protagonisten in Rom bleibt ihr parteipolitisches Kalkül im Gedächtnis. Die italienischen Kommentatoren haben analysiert, dass sie mit Ausnahme des Partito Democratico hauptsächlich gegen Draghi agiert haben, um sich „die Politik zurückzuholen“, also wie früher weiterzumachen.
Das Votum für Mattarella bringt sie nun erst einmal zum Schweigen, Neuwahlen sind abgewendet. Aber nicht für lange. Im kommenden Jahr endet die Legislaturperiode, schon bald beginnt der Wahlkampf. Für den Moment ist ein politisches Desaster in Italien abgewendet. Das ist die wichtigste Nachricht aus Rom.