Schwarze Schönheiten

Es heißt, der Staufer Friedrich II. habe sie gezüchtet, diese besondere Pferderasse. Die tiefschwarzen „Cavalli Murgesi“ gibt es nur in Apulien, vor allem in Martina Franca. Ein Besuch auf der Masseria Sorangelo.  

Die Königin hat heute keine Lust auf prächtige Empfänge. Sie will einfach nur ungestört ihr Heu fressen. Deshalb werden die Untertanen auch kurz angeschnaubt, sie sollen gefälligst zur Seite gehen. Die Königin heißt mit vollem Namen „Queen di Sorangelo“, ihre Mutter heißt Ester und der Vater hat einen noch klangvolleren Namen als die Queen: er heißt Mozart di Bradamonte. Das steht in ihrem Pass, den Nicola Caforio zeigt. Dort ist auch die Nummer ihres Mikrochips zu finden, mit dem sie identifiziert werden kann.

Die Königin ist ein „cavallo murgese“, ein Pferd der Rasse, die nur in Apulien und vor allem in der Gegend von Martina Franca gezüchtet wird. Die schwarzen Pferde heißen nach den „Murge“, das ist ein Höhenzug, der die Region am Absatz des Stiefels parallel zur Küste von Nord nach Süd durchzieht. Angeblich geht die Rasse zurück auf den Stauferkaiser Friedrich II., der 1194 bis 1250 lebte. In seinem großen Reich zwischen Deutschland und Sizilien hielt er sich am liebsten in Apulien auf. „Puer apuliae“ wurde er genannt. Er baute Schlösser und Burgen und liebte die Falkenjagd. Er soll in seinen Gestüten die schwarzen Pferde gezüchtet haben, die noch heute besonders robust und widerstandsfähig sind.

Ställe gibt es nicht in der Masseria Sorangelo. „Unsere Pferde sind das ganze Jahr im Freien“, sagt Giulio Caforio, der Vater von Nicola. Er zeigt auf die weite Landschaft rings um die Masseria, 200 Hektar große Felder, begrenzt von niedrigen Steinmauern, eine schöne, leicht hügelige Landschaft. Wir sind rund 400 Meter über dem Meeresspiegel. „Die Pferde haben viel Auslauf, sind mal hier, mal dort“, sagt der Senior. „Dort hinten ist ein Wäldchen, da schützen sich die Pferde im Sommer vor der Hitze.“ Zweimal am Tag werde sie zum Füttern geholt.

In Kürze, im Frühjahr, werden zwei Fohlen zur Welt kommen, auch sie im Freien. Die dicken Bäuche der beiden Stuten sind gut zu sehen. „Letztes Jahr hatten wir vier“, sagt Nicola Caforio, zwei seien verkauft. Einmal im Jahr, Anfang Dezember, findet in Martina Franca eine Leistungsschau aller Züchter der „Cavalli Murgesi“ statt, dann wird gehandelt, Pass in der Hand. Ein Fohlen, das ab dem Alter von drei Monaten zum Verkauf angeboten wird, kann rund 1500 Euro kosten, bei den Zweijährigen geht der Preis rauf bis zu 4500 Euro. Auch nach Deutschland hätten sie schon Pferde  verkauft, berichten die Caforios.

Sie haben aktuell zwölf Tiere auf der Masseria, kleine und große, aber nur Stuten und Fohlen. Die Hengste seien zu aggressiv, berichtet Nicola. Sie wurden verkauft. Zum Decken sprechen sie sich mit anderen Züchtern ab, Hauptsache, die Pferde bleiben reinrassig. Besonders wertvoll ist ein einjähriges Tier, das grau statt schwarz ist, auch reinrassig.

Wer ein cavallo murgese reiten will, muss Geduld haben. „Sie sind wilde Tiere, sie haben noch keinen Sattel gesehen“, sagt Nicola. Die soliden schwarzen Schönheiten werden oft als Therapiepferde eingesetzt, früher zogen sie Kutschen oder sie zogen – schon zu Friedrichs Zeiten – in den Krieg. Die Pferde werden in der Forstwirtschaft genutzt und besonders schöne hochgewachsene Exemplare sind auch in Rom zu sehen: die Carabinieri der berittenen Polizei nutzen sie. Auch die berittene Garde des Staatspräsidenten sitzt auf schwarzen Murgese-Pferden.

„Wir züchten seit 1929 hier Pferde“, sagt Senior Giulio, „mein Vater Vito Nicola hat damit hier in der Masseria Sorangelo begonnen.“ Der Hintergrund: Um 1900 war die Rasse beinahe ausgestorben. Dann beschloss das Landwirtschaftsministerium in Rom 1926, die „Cavalli Murgesi“ zu fördern. Im Gestüt Foggia im Norden Apuliens wurde eine Selektion eingeführt und eine regionale Hengstaufzuchtsstation gegründet. Die Familie Caforio war von Anfang an dabei.

Inzwischen ist die Queen umgänglicher geworden. Besitzer Nicola hält sie zum Shooting. Warum der Name? Er lacht. „Das geht einfach nach dem Alphabet, jedes Jahr ein neuer Buchstabe.“ Vor zwei Jahren war Q dran, die neuen Fohlen werden einen Namen mit S bekommen. Ihr Nachname: „di Sorangelo“.

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